|
Eine Fernreise per Bahn im Jahr 1860 (Fortsetzung)Eine Reise von Hannover nach Passau Sicher war dieser Reisewunsch nicht gerade häufig. Alle anderen Richtungen wären von Hannover aus mit eigenen oder preußischen Strecken einfacher zu erreichen gewesen. Das wären weitgehend Strecken, auf denen man auch heute noch Züge von Hannover aus nehmen kann. Richtung Nürnberg, Regensburg und Passau allerdings unterscheidet sich die Reiseroute im Jahr 1860 erheblich vom heute gewohnten Verlauf. Auf dem unten abgebildeten Kartenausschnitt ist nur teilweise zu sehen, dass von der Stadt Hannover schon 1844 Strecken nach Celle und Braunschweig führten, und dass 1847 Hamburg- Harburg, Bremen und Hildesheim direkt erreichbar waren. Außerdem war in diesem Jahr die Fernstrecke Köln- Berlin über Hannover durchgehend fertiggestellt. Aber erst in den Jahren 1853 bis 1856 wurde die Strecke nach Süden gebaut. Versetzen wir uns also nun in die Lage eines hannoveraner Diplomaten, der zum verbündeten Österreich nach Wien geschickt wird, um sich über die jüngsten Repressalien des immer unangenehmer werdenden Nachbarn Preußen zu beschweren. Das letztemal ist er noch über Magdeburg, Halle, Leipzig, Dresden, Prag und Brünn nach Wien gefahren, was schon seit 1851 möglich war. Diesmal will er neue, direktere Verbindungen ausprobieren. Er fährt also zunächst durch das flache Leinetal nach Süden. Schon bei Kreiensen geht es für einige Kilometer durchs Ausland, nämlich durch das Herzogtum Braunschweig. (Eine Karte mit den Staatsgrenzen folgt auf der nächsten Seite.) Dort ist auch die einzige Stelle, wo die Bahnbauer etwas Mühe mit dem Trassieren in dem recht engen, kurvigen Talabschnitt hatten. Von Göttingen nach Hannoversch- Münden folgte dann aber ein Abschnitt, der den Ingenieuren alles abverlangte: In weiten Serpentinen musste der sanfte aber fast zweihundert Meter hohe Abhang nach Westen gemeistert werden. Über Dransfeld ging es nördlich um den hohen Hagen (508m) herum und an der südlichen Talseite an Scheden vorbei zu Weser hinunter. Das erkläre ich deshalb so genau, weil diese Strecke auf vielen Karten schon garnicht mehr eingezeichnet ist. Ich bin allerdings selber als Kind dort noch gefahren. Einige leichte Schnellzüge wurden noch in den 1950er Jahren über diese eingleisige Direktstrecke geleitet, um die zweigleisige Hauptstrecke über Witzenhausen zu entlasten. Die Fahrzeit war auf beiden Varianten etwa gleich lang. Durch die Neubau- Schnellfahrstrecke Kassel- Göttingen wurden beide Strecken abgewertet. Aber zurück ins Jahr 1860: Über das Werraviadukt ging es zum über der Stadt gelegenen Bahnhof von Hann.- Münden. Der kurze Abschnitt am Steilhang des malerischen Fuldatals wird damals auch nicht gerade einfach zu bauen gewesen sein. Von der Kurhessischen Grenze bis Cassel sind es nur noch wenige Kilometer. Dort trifft unser Diplomat seinen Kollegen des Kurfürstentums Hessen- Cassel, der ihn mit ähnlichen Problemen nach Wien begleiten will. Am nächsten Tag setzen sie sich in einen Zug, der sie über die schon 1849 fertiggestellte Fuldatalstrecke und Bebra nach Eisenach bringt. |
Kartenausschnitt mit Ortsnamen
WEITER: Durch Thüringen und Bayern