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Eisenbahn ab Epoche 1

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Zweihundert Kilometer pro Stunde nach Fahrplan

Teil 3: Raddurchmesser und Fahrwerk

Teil 3.1 : Abschätzungen zum Fahrwerk
Teil 3.2 : Erhöhung der Drehzahl der Dampfmaschine
Anhang zu Teil 3

1) Anwendung eines Zahnradgetriebes
2) Grenzwert für die mittlere Kolbengeschwindigkeit
3) Gleitlager und maximale Gleitgeschwindigkeit
4) Achslager der Laufachsen
5) Treibachslager und Treibstangenlager
6) Bremsleistung und Bremsenergie
6) Zusammenfassung und weitere Vor- und Nachteile
 
 

Rote Schrift: Aus heutiger Sicht. Schwarz: Wissensstand der 1930-er Jahre.

 

3) Gleitlager und maximale Gleitgeschwindigkeit

Zunächst einige kurze, allgemeine Anmerkungen zu Gleitlagern bei Lokomotiven. Sie wurden meistens nur nach Erfahrungswerten dimensioniert. Weil die Eigenschaften wesentlich von den Lagerwerkstoffen, der Oberflächen- Beschaffenheit und den Schmierstoffen abhing, konnte die statische Berechnung von Achsen- bzw. Zapfendurchmesser und Länge aus den gegebenen Kräften nur einen groben Anhaltspunkt liefern.

Im Polytechnischen Journal von 1930, Seite 26, ist die Zusammenfassung einer Arbeit zu finden, in der (zum ersten mal?) auch eine Abhägigkeit von der Gleitgeschwindigkeit untersucht wurde. Aus diesem Artikel, der leider viele Fragen offen lässt, seien hier nur einige Teilaspekte herausgegriffen. Um sicher zu gehen, müsste man auf den Originalbericht zurückgreifen, der mir leider nicht vorliegt.

Es wurden Bronce- Zapfen von 70mm Durchmesser und 34mm Länge in einem ölgeschmierten, frei beweglichen Lager gemessen, damit keine zusätzliche Reibung durch Verkantung und Klemmung entsteht. Der Lagerdruck wurde variiert, und die Drehzahl sehr langsam erhöht, bis sich im Zapfen eine Temperatur von 70°C einstellte. Dieser Dauer- Vergleichswert war gut mess- und reproduzierbar und verwendbar für alle interessierenden Wertekombinationen der Oberflächengeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Lagerbelastung. Der höchste spezifische Lagerdruck von etwa 300kg/ch², bei dem die Zapfentemperatur an 70°C herankam, war bei einer Geschwindigkeit von etwa 1m/s gemessen worden. Größere oder kleinere Geschwindigkeiten blieben nur bei kleinerer Last unter 70°C. Weitere Wertekombinationen: 200kg/cm² bei 3m/s; 140kg/cm² bei 4m/s; 100kg/cm² bei 5m/s und 75kg/cm² bei 6m/s.

Interessant waren auch Messungen zum Einfluss des Verhältnisses Länge zu Durchmesser. Obige Probe hatte etwa l/d =0,5. Die höchste Lagerbelastung wurde bei l/d =0,25 gefunden. Dieses als 100% angesetzt, wäre bei L/D =0,6 die Belastung auf 50% , bei L/D =1 auf 24% und bei L/D =1,5 schon auf 10% gesunken. Für andere Zapfendurchmesser könnte die Abnahme anders ausfallen. Die obigen Zusammenhänge mit der Gleitgeschwindigkeit dürften allgemeinere Gültigkeit haben.

Bei heutigen Berechnungen taucht die Drehzahl n neben dem relativen Lagespiel (D-d)/d und der von den Proportionen abhängigen Sommerfeldzahl bei der Berechnung der erforderlichen Ölzähigkeit auf. Je größer die Zähigkeit, desto kleiner die Drehzahl, um die Last auf dem Ölkeil schwimmen zu lassen. Das ist aber nicht der oben gemeinte Einfluss der Drehzahl, wo es um Reibungsverluste und Erwärmung geht. Dafür gibt es die Formel:
Wärme in kcal/min =0,14 u F v , mit der Lagerkraft F in kp, mit der Geschwindigkeit v in m/s und der Lager -Reibungszahl u, die wiederum vom Lagerspiel und der Sommerfeldzahl abhängt und üblicherweise aus Tabellen entnommen wird. Auf diesem Umweg kommt die Nichtlinearität in die oben erkannte Geschwindigkeitsabhängigkeit. Weitere Einflüsse auf Erhitzung und Abkühlung machen die Zusammenhänge noch weniger vorausberechenbar.

Für grobe Konzeptentscheidungen braucht man vereinfachte Abhängigkeiten. Deshalb sollen im Folgenden zwar die Tendenzen beachtet werden, aber nicht die absoluten Werte dieser speziellen Messanordnung. Stattdessen soll von vorhandenen Konstruktionen ausgegangen werden, und bei erforderlichen Änderungen sollen obige Regeln durch relative Anpassung berücksichtigt werden.
 
 
 
                             

 

4) Achslager der Laufachsen

Die Laufradsätze sind selten im Focus der Aufmerksamkeit. Man hält sie meistens für unkritisch, kümmert sich nur um ihre Führungseigenschaften. Sie müssen oft, vor allem die Schleppachsen von 2'C1'-Lokomotiven, einen erheblichen Teil des Lokomotivgewichtes tragen. Dabei sollen sie klein und leicht sein, um die Gleise zu schonen und um eine freizügige Konstruktion zu erlauben. Kleine Raddurchmesser haben aber hohe Drehzahlen zur Folge. Wenn dann noch die volle zulässige Radsatzlast, hier 20t, ausgenutzt wird, an ungefederten Massen davon aber nur 2t abgehen, sind die Achslager dort mit je 9t belastet. Das kann der höchste Wert aller Radsatzlager sein, denn Treibradsätze können wegen ihres höheren Eigengewichtes weniger vom Lokgewicht tragen. Bei ihm kommen allerdings Horizontalkräfte vom Antrieb hinzu, die vekoriell addiert werden müssen, siehe unten.

Kleinere Räder bringen bei Kurvenfahrt weniger Biegemoment auf die Achsen. Diese haben bei Laufradsätzen daher einen etwas kleineren Durchmesser, allerdings nicht proportional zum Raddurchmesser. Halber Raddurchmesser ergibt jedoch dopplte Drehzahl, so dass das Schleppradsatz- Lager nicht nur die höchste Last zu tragen hat, sondern auch eine hohe Gleitgeschwindigkeit an der Oberfläche des Lagerhalses zu verkraften hat. So verwundert es nicht, dass die Schleppradsatzlager von 2'C1'-Lokomotiven auffällig voluminös dimensioniert sind. Hier einige Beispiele:

Typ   Höchst-   Rad-    Radsatz      Achsschenkel 
      geschw.  Durchm.   trägt           D x L
R5    100km/h  1262mm  22,4-2=20,4t 200mm x 350mm 1)
(2C1) 100?     1143mm  29,4-2,4=27t 241mm x 406mm 2)
BR03  130km/h  1250mm  18 -2   =16t 200mm x 295mm
BR01  120km/h  1250mm  19,8-2=17,8t 210mm x 293mm

1) Belgische Reihe 5, siehe "Lokomotive" ,1935, Seite 59.
2) Amerikanische 2C1 mit 1752mm-Treibrädern, "Lokomotive" , 1916, Seite 165.

Die BR 01-10 von 1939 konnte mit denselben Lagerabmessungen wie BR 01 trotz geringfügig von 19,8t auf 20,2t erhöhter Radsatzlast für 150km/h freigegeben werden. Ob die Lager soviel Reserven hatten, oder bessere Schmierstoffe zur Verfügung standen, ist unbekannt. Die Gleitgeschwindigkeit ist immerhin 7m/s, und die Flächenpressung etwa 9t/615cm² = 14,6kp/cm². Das Produkt aus beiden ist als Reibungsleistung pro Fläche ein Maß für die Erhitzung und Lebensdauer (siehe auch Eckhardt "Die Konstruktion der Dampflokomotive und ihre Berechnung", Kapitel 11a). Es liegt bei der 01-10 mit 89kpm/s cm² hart an der Grenze von 100kpm/s cm² für Laufachsenlager mit Standard- Lagermaterial WM80.

Leider findet man in Konstruktionsbeschreibungen selten Angaben über die Lagerabmessungen. Oft kann man sie nur mit der Lupe aus Übersichts- Maßzeichnungen herauslesen. Bei schwergewichtigen, amerikanischen Lokomotiven sind die Lager mitunter so lang, dass sie in der Mitte fast zusammenstoßen. Das Verhältnis L/D=2 ist dann aber sehr weit vom Optimum 0,5 entfernt. Wenn man die Achsschenkel- Durchmesser vergrößert hätte, wäre man zu einer effektiveren Ausnutzung der Lagerfläche gekommen, wie im vorigen Kapitel gezeigt wurde. Das scheiterte allerdings daran, dass dann die Gleitgeschwindigkeit zu groß geworden wäre. In Amerika mutete man kleineren Laufrädern höhere Drehzahlen und Lasten zu, als in Europa. Die Lager waren schwerer und hatten mehr Widerstand, aber es war ja alles gleichermaßen schwerer. In den USA fehlte der Anreiz, Treibstoffe und Schmierstoffe zu sparen.

Was bedeutet also eine Erhöhung der Geschwindigkeit von 150km/h auf 200km/h unter Beibehaltung der Raddurchmesser für die Lager? In erster Näherung hat es dieselbe Wirkung wie eine Gewichtserhöhung um denselben Faktor. Etwas genauer, allerdings eher noch ungünstiger wird es bei Anwendung der im vorigen Anhang genannten Werte: Angenommen, wir haben ein Lager, das bei 3m/s 200kg/cm² tragen kann, dann müsste der Druck bei 4m/s auf 140kg/cm² verringert werden (nicht auf 200 x3/4 =150!). Statt nur um 4/3 müsste dann die Lagerfläche um den Faktor 200/140 =1,43 vergrößert werden. Und das, ohne die Gleitgeschwindigkeit zu erhöhen, also bei gleichem Achshalsdurchmesser, nur durch das Verlängern des Lagers. Falls die Reduktionsprozente auch bei den größeren Lagern der Lok gelten sollten, wäre eine überproportionale Verlängerung erforderlich. Dann würden die Abmessungen wesentlich größer als bei der ersten Abschätzung.

Die BR 01-10 von 1939 kann nicht so falsch gelegen haben. Der Unterschied ist also höchstens so groß, dass er durch passendes Öl kompensiert werden konnte. Überhaupt dürften die Einflüsse durch guten Ölumlauf und Vorsorge für ausreichenden Restfilm im Stand mehr ausmachen, als ein paar Zentimeter mehr oder weniger Lagerlänge. Von daher kann man sicher auch annehmen, dass es einfacher ist, Lager für den Geschwindigkeitsbereich Null bis 300U/min zu entwickeln, als Null bis 400U/min. Denn Stand und Kriechgang müssen ja möglich bleiben, auch bei strengem Frost.

Fortsetzung, weitere Anhänge
 
oder weiter mit dem fiktiven Zeitschriftenartikel Teil 4

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