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Zweihundert Kilometer pro Stunde nach FahrplanTeil 6 : Stehkessel und Feuerung, Fortsetzung Warum ist der Rost nicht in der hinteren Lage unter der Feuertür fest montiert? Wenn man die Rückwand etwas zurückverlegen würde, könnten die Brenngase des unteren Rostes VOR dem oberen Rost direkt zur Brennkammer ziehen. Der Konstrukteur hat, dank seiner Erfahrung mit Kesselformen und Überhitzer- Gasführungen Bedenken bezüglich der Behinderungen im Verlauf des Gasweges auf halber Stehkesselhöhe. Über der Mitte des unteren Rostes wird der Feuerraum von der hindurchlaufenden Achse gestört. Sie wird durch einen wassergefüllten Kasten geschützt ( dazu unten mehr ), der die Strömung aus der hinteren Hälfte nach vorne behindert. Für die kurze Zeit der Beschickung des oberen Rostes mag das ertragbar sein, aber nicht auf Dauer. Die vorgeschobene Betriebslage des oberen Rostes hat einen zweiten Grund: Wegen des Achsschutz- Kastens kann nur eine Länge von zwei Metern des unteren Rostes durch die untere Feuertüre per Schaufelwurf beschickt werden. Das vordere Drittel müsste sich durch das Rütteln des abschüssigen Rostes füllen oder durch Schieben von Hand, beides nicht befriedigend. Deshalb wurden die Proportionen so gewählt, dass in der vorderen Betriebsposition des oberen Rostes das vordere Ende des unteren Rostes von der oberen Feuertüre aus beschickt werden kann. Kontrolle und Schüren des Feuers auch im vorderen Drittel lässt sich von der unteren Feuertür aus besser durchführen. Hierzu müssen sich die Heizer also verständigen. Auch die Luftzuführung zum oberen Rost ließ den Konstrukteur fast verzweifeln. Er löste das Problem zusammen mit der Unterbringung der Hebelmechanik zum Bewegen der aus Rost und Aschkasten bestehenden Gondel. Das schwere Gebilde auf Rollen in Schienen im Stehkessel zu führen, wäre viel zu störanfällig gewesen. Auch im Aschkasten sind Achsen und Scharniere zu starker Abnutzung ausgesetzt. |
Es bleibt nur das selbstreinigende Schneidenlager. Das ist ein den Rostrahmen tragendes massives Gussteil mit zwei sich nach unten öffnenden Schlitzen. Es balanciert auf den Schneiden von Hebeln, gegen Abheben z.B. durch Federn gesichert. Die beiden vorderen Hebel sind von der Luftzuführung umgeben, die in einem Durchbruch im Bodern der Brennkammer endet, der etwas länger als der Verschiebeweg des oberen Rostes ist. Der Aschkasten hat in seiner vorderen Verlängerung im Bereich der seitlichen Schneidenlager ein weites Loch im Boden, so dass der Rost in beiden Endlagen mit Luft versorgt wird. Wie hier das Eintreten von zuviel Nebenluft in den Stehkessel verhindert werden kann, wird noch einige Ingenieursarbeit erfordern. Vielleicht stört sie aber auch nicht, sondern wirkt sogar positiv durch Reduzierung der Rauchentwicklung. Es wird sich zeigen, wie sich die relativ nahe beim Langkessel einströmende Nebenluft auswirken wird. Im Augenblick des Umklappens hebt die Gondel vom Luftkanal ab. Da kann kurzzeitig viel Luft einströmen, falls dies nicht durch eine automatisch vorübergehend geschlossene Klappe verhindert wird. Vielleicht ist die Luft in diesem Moment aber durchaus erwünscht, weil durch die Erschütterungen viel unverbrannter Kohlenstaub und Asche in den Brennraum gelangen kann. Die beiden hinteren Hebel sind frei im Brennraum beweglich eingezeichnet. Man wird sie wohl auch durch eine senkrecht über dem vorderen Ende des unteren Rostes stehende Mauer schützen. Dem so entstehenden V- förmigen Raum muss man dann aber unten eine Asch- Klappe zum Reinigen geben. Noch nicht befriedigend gelöst erscheint auch das Reinigen des oberen Aschkastens. In der Betriebsstellung kann man zwar einen Teil des Bodens zum Luftzuführungs- Kanal hin herabkappen, aber die restlichen zwei Meter sind unten geschlossen. Ein im Betrieb an der Rückwand anliegender Schieber muss die Asche nach vorne befördern. Angedacht ist Reinigung durch Blasen und Saugen, wozu in den Endbahnhöfen besondere Anlagen geschaffen werden müssten. Wie bei der S10 ist dieser Stehkessel nur für beste Steinkohle gedacht, die wenig Asche übrig lässt. |
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. Zum Langkessel hin scheint der Aufwand gerechtfertigt. Dort entsteht so eine relativ große Brennkammer. Ein Quadratmeter Stehkesselwandung ist wesentlich wirksamer als einer der Rohr- Heizfläche. Der Urheber dieses Konzepts erwartet daher eine Dampfausbeute pro Quadratmeter Rostfläche, die es bei deutschen Dampflokomotiven bisher nicht gegeben hat. Und das, ohne die Belastung pro Quadratmeter Kesselfläche und Rohrfläche nennenswert höher als bisher üblich anzusetzen. Auch das Kesselgewicht wird nur proportional zur Leistung erhöht sein, wenn es gelingt, das Mehrgewicht des Stehkessels durch Einsparungen auszugleichen, die der kurze, dicke Langkessel gegenüber den sonst üblichen Proportionen bringt. Auch die Länge der Lokomotive würde nicht so stark wachsen, wie man ursprünglich befürchtet hatte. Am hinteren Ende des Stehkessels wurde auf komplizierte Formen verzichtet, mit denen man hätte Gewicht sparen und vielleicht noch etwas mehr Dampf erzeugen können. Auch so, wie dargestellt, ist er wohl für die Kesselschmiede eine Herausforderung. Deshalb wurden im unteren Bereich einige Wände nicht mit Wasser gefüllt, sondern nur gemauert. Selbst wenn diese häufig routinemäßig erneuert werden müssten, wäre es wohl billiger als ein anfälliger Kessel. Etwas Sorgen macht dem Erfinder dieser Anordnung die den Stehkessel durchstoßende Achse. Der sie vor der Hitze schützende Kasten kann nicht Teil des Stehkessels sein, denn der Radsatz muss sich zum Austauschen nach unten herausnehmen lassen. Wäre er gemauert, wäre die konzentrische Hitzestrahlung auf die Achse immer noch recht hoch. Denn für dicke Asbestisolation fehlt der Platz. Deshalb soll der untere U- förmige Querschnitt zusammen mit den daran anschließenden Teilen der Seitenwände nach unten herausnehmbar sein. Hier soll Wasser aus dem Tender bzw. aus dem Reserveboiler auf knapp hundert Grad aufgeheizt werden, und wenn nicht zum Speisen benötigt, wieder in den Boiler zurückgepumpt werden. Über der Achse wird der Kasten zwischen den Stehkessel- Innenwänden durch einen gemauerten Deckel verschlossen, denn hier ist Platz für Isolation. Der Fachmann wird auf der Skizze weitere Details zum Rahmen und zur Federung entdecken, auf die hier nicht eingegangen werden soll. Sie hängen doch sehr von der sie umgebenden Konstruktion ab, und sind hier nur als Beispiel zu verstehen. |