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Radreise in Griechenland, ein Abenteuer?Abenteuer sind nicht mein Fall! Selbst in den angeblich draufgängerischen jungen Jahren bin ich Abenteuern aus dem Weg gegangen. Aus der Sicht eines so übervorsichtigen Reiseplaners erscheint Griechenland so abenteuerlich wie für andere vielleicht die Sahara. In Süditalien hatte ich im Jahr davor schon einige Probleme mit der Hotelsuche. In wieweit musste ich diese Erfahrungen für Griechenland extrapolieren? Und wie würde es mit den Straßen sein? Muss ich griechisch sprechen können? Der normale Tourist kommt auf die Inseln, den Peloponnes oder nach Delfi. Da spricht man englisch, italienisch oder sogar deutsch. Aber ich wollte auch andere Gegenden sehen. Also hatte ich wenigstens die Schrift gelernt (damit ich Worte aus dem Wörterbuch vorlesen kann) und die wichtigsten Sätze für die Hotelsuche usw.. Drei-, viermal war ich auch tatsächlich darauf angewiesen, weil angeblich die einzige Person, die englisch spricht, erst abends da sein würde. Wie einsam ist das Hinterland? Wenn man allein unterwegs ist, muss man daran denken, wie lange man eventuell auf Hilfe warten muss. (Ich bin vor 20 Jahren z.B. mal in einen Bienenschwarm geraten und habe mehrere Stiche in den Kopf abbekommen) Ich kannte Griechenland nur aus einigen Fernsehberichten. Das Verlangen, Griechenland, insbesondere das touristisch unberührte nördliche Festland kennenzulernen, hat in erster Linie folgende Sendereihe geweckt: Das ARD- Nachtprogramm brachte Führerstandsmitfahrten der wichtigsten griechischen Bahnstrecken. Da erlebt man in Echtzeit aus Sicht des Lockführers nicht nur die teils atemberaubende Streckenführung, sondern auch Landschaft pur. Als VHS- Videos war das Programm auch beim Verlag Eisenbahn- Kourier erhältlich. Nachdem ich schon im Winter Landkarten im Maßstab 1:250 000 gefunden hatte, wurden diese anhand der aufgezeichneten Bahnlinien überprüft. Von der Bahn aus sah man natürlich auch den Zustand der kreuzenden Straßen, und dass die Abstände zwischen den Ortschaften nicht viel größer als in Deutschland sind. Der Straßenzustand war weniger abenteuerlich als erwartet. Im Gegenteil ! Die auf der Karte gelb und rot gezeichneten Straßen waren im Norden in einem ausgezeichneten Zustand, im Süden in erträglichem Zustand. Ich hatte den Eindruck, vor 10 Jahren sind in einem Kraftakt alle diese Straßen neu asphaltiert worden. Der heutige Zustand zeigt, dass die Abnutzung umgekehrt proportional zum Verkehrsaufkommen ist. Im Norden kann es vorkommen, dass man selbst auf einer roten Fernstraße nur alle paar Minuten ein Auto sieht. Bei Athen dagegen gibt es trotz paralleler Autobahn auch mal Kolonnenverkehr. Die vielen Dorfverbindungsstraßen oder -Wege, die auf der Karte weiß gezeichnet sind, waren durchweg nicht asphaltiert. Ich habe sie nur an Abzweigungen gesehen und war meistens froh, dass ich sie nicht in meine Strecke einbeziehen musste. Das wäre mehr was fürs Mountainbike gewesen. Ein größeres Abenteuer als die Straßen waren meine Landkarten. Angeblich Ausgabe 2000. Ein Einheimischer, den ich ratlos, die Karte in der Hand, nach dem Weg fragte, schimpfte: Die Karte ist mindestens 15 Jahre alt. Als ich dann die neue Straße fuhr, die er mir zeigte, war die offensichtlich schon mindestens 10 Jahre in Betrieb. Wahrscheinlich war die Karte in Griechenland unverkäuflich, also verscherbelt man sie im Ausland. Mir war die Karte aber wegen der zweisprachigen Ortsnamen wichtig. Und Höhenlinien hat auch nicht jede Straßenkarte. Das größte Abenteuer waren die vielen Hunde. Wer Angst vor Hunden hat, oder nur mit Radsportkleidung fahren mag, für den ist Nordgriechenland tabu! So etwas habe ich noch nicht erlebt. Manchmal war es das reine Spießrutenlaufen, nein -fahren. Wenn drei Hunde nach den Beinen schnappen, links und rechts Hunde bereit stehen, und zu allem Überfluss ein großer einem zähnefletschend entgegenläuft, dann braucht man schon gute Nerven. Zum Glück bin ich mit einem Hund aufgewachsen und habe viel über deren Verhalten gelesen. Seit mich vor 15 Jahren trotzdem ein Hund beim Radfahren gebissen hat, bin ich aber noch vorsichtiger geworden, und befolge streng die Regeln, die ich unten zusammenfasse. Sie scheinen richtig zu sein, denn ich bin heil durchgekommen. Radfahrer und freilaufende Hunde, die wichtigsten Verhaltensregeln 1. Wegschauen! Es gilt bei fast allen höheren Tieren, dass sie starre Blicke unangenehm empfinden oder als Agression deuten. Verstärkt wird dies durch Brillen! 2. Keine hastigen Bewegungen, nicht beschleunigen! Wenn in Hunden der Verfolgungsreflex ausgelöst wurde, ist es schon zu spät. Man achte noch genauer als sonst auf den Straßenzustand! Denn ein großes Schlagloch kann zu hastigen Bewegungen führen, die der Hund mißdeutet.
3. Langsam fahren! Ich habe schon früher die Erfahrung gemacht, dass jede Hunderasse ihre eigene kritische Geschwindigkeit hat. Wenn man 15 bis 20 km/h fährt, hecheln einem bevorzugt Dackel hinterher, während Schäferhunde gelangweilt zuschauen. Bei über 25km/h kann dann auch dieser nicht mehr widerstehen und setzt sich in Gang. 4. Unauffällig aussehen! Den Briefträgereffekt vermeiden! Es sind nicht nur die hastigen Schritte des Briefträgers, sondern auch die vom Üblichen abweichende Kleidung, die den Hund aufregen. Dieser Punkt erscheint mir in Nordgriechenland der wichtigste zu sein. Denn die meisten Hunde, mit denen ich es zu tun hatte, haben in ihrem Leben wohl noch nie einen Radfahrer gesehen. Wenn der aus der Nähe betrachtet wie ein Einheimischer aussieht, laufen sie zwar erregt heran, beruhigen sich dann aber wieder. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mit grellfarbigem Trikot und nackten Waden nicht ungeschoren davongekommen wäre. Zum Glück waren die Temperaturen noch so niedrig, dass ich sowieso die schwarze lange Hose vorgezogen hatte. Dazu ein alter grauer Pullover oder bläuliche Hemden, zufällig also fast Landarbeiterkleidung. |